Wolfgang Netzer


Über mich

Wolfgang Netzer Live

Über mich

Meine Faszination für Rhythmus begann, soweit ich mich erinnern kann, als evangelischer Erstklässler im katholischen Garmisch auf einer gänzlich beeindruckenden Schuhplattler Aufführung. Ein paar „sportfanatische“ Jahre später, durch den, mittels Alteisensammelns ermöglichten Erwerb einer KLIRA E-Gitarre (roter, schmaler Body mit schwarzem Hals und 5-poligem Ausgang auf Perlmutt) begann endlich, was nie mehr aufhören sollte.

„House of the rising sun“ 1970 als Initialzündung mitten in's überreiche Angebot aus den Radiosendern, Hitparaden und s/w Fernsehaufzeichnungen! Alle um mich herum waren von dieser Musik elektrisiert, eigentlich ging es ausschließlich darum – und im Handumdrehen sprossen die Schülerbands aus dem Boden ... und ich war mittendrin.

Einige Jahre später, nach dem Abitur ging ich nach Bern in die SWISS JAZZ SCHOOL, nach nur einem Jahr wechselte ich nach München in die JOE HAIDER JAZZ SCHOOL, wieder ein Jahr später ein regelrechter Aufbruch nach Rio de Janeiro ins CONSERVATORIO VILLA LOBOS und grandiosen Privatstunden bei EGBERTO GISMONTI. Ich lernte viel für's Leben und noch mehr über die Gitarre, das Komponieren, Improvisieren und aufeinander Hören. 

Nach 2 Jahren heimgekehrt, den Kopf voller Musik und Ideen entstand bald das Bedürfnis, das Erlebte mit meinen Wurzeln in Verbindung zu bringen. Nur wie? 2 LP's entstanden, bis schließlich das Projekt „BavaRio“ geboren wurde und 15 Jahre andauerte! Der Klang von heimatlicher Stub'nmusi vereint in brasilianischer Harmonik und Rhythmik. Gleichzeitig schrieb ich Musik für Theaterbühnen. Themenbedingt beginne ich die arabische Oud zu studieren. Aufträge aus Fernsehen und Film kreuzen sich mit den Auftritten. Erneut belege ich als später Gaststudent im RICHARD STRAUSS KONSERVARTORIUM München das Fach Komposition. Die konsequente Suche nach Brücken in unbekannte Regionen führen mich zu Bela Bartok's gesammelten UNGAR. BAUERNMELODIEN, lassen mich nicht mehr los, endlich, nach vielen Hürden und weiteren Filmkompositionen entsteht das Album „HUJ“. 

Vergleichbare Elektrizität liegt in der Luft als ich auf den indischen Sarodspieler Ranajit Sengupta treffe. Es verschlägt mich regelmäßig nach Kalkutta, tief erschreckt, aber ebenso überwältigt von den Lebensverhältnissen und Menschen, begegne ich einer mir bis dahin unvorstellbaren Welt. Und so verhält es sich mit der Musik, den Rhythmen, der Mikrotonalität. Was für ein Abenteuer!

Durch die Komposition der Filmmusik zu Lorenz Knauer's „Jane's Journey“ lerne ich die Verhaltensforscherin und Friedensaktivistin Dr. Jane Goodall kennen, innerhalb kürzester Zeit entsteht das „Goodall Project“. Zusammen mit dem italienischen Klarinettisten Gabriele Mirabassi bereisen wir die Bühnen mit „Stories & Music“ in Deutschland und Italien.
Soviel also über mich eingepresst in 26 Zeilen!

Interview in der SZ vom 07.04.2022


                                                     Kritik in der SZ vom 15.01.2023

Gitarrenkonzert:Zwei Wolfgangs, eine Leidenschaft

15. Januar 2023, 18:00 Uhr

Wolfgang Netzer und Wolfgang Wallner imponieren beim Gitarrenkonzert im Weßlinger Pfarrstadel - dank Einfühlsamkeit, Improvisationstalent und Gespür für die Dramaturgie. Neu

Kritik von Reinhard Palmer

Es ist nicht per se gut, von einem Musiker sagen zu können, er passe in keine Schublade. Bei Wolfgang Netzer ist die Aussage zweifelsohne als Qualitätsmerkmal zu verstehen, zumal mit einem Instrumentarium, das aus Relikten schweißtreibender, akribischer Arbeit besteht. Es genügt nicht, auf Reisen oder bei längeren Aufenthalten, die Netzer in Rio de Janeiro, Kalkutta und Istanbul absolviert hatte, exotische Instrumente einzukaufen und dann nur die richtigen Töne zu treffen. er Te

Gerade die elfsaitige Oud aus dem arabischen Raum, eine Kurzhalslaute ohne Stege, entfaltet ihre Wirkung erst, wenn sie mit der mikrotonal-melismenreichen Technik und der Harmonik ihrer Heimat endlos mäandern darf. Auch die Klangeigenheiten etwa der Irish Bouzouki, die erst vor gut einem halben Jahrhundert im Irish Folk heimisch wurde, oder des kleinen brasilianischen Cavaquinho, dem nur vier Saiten genügen, das leidenschaftlich-liebesschmachtende, aber auch vergnügte Lebensgefühl Südamerikas zu vermitteln, können sich nur in einer adäquaten musikalischen Verarbeitung entfalten. xt


Zwei Künstler mit Leidenschaft für die Weltmusik, die keine Grenzen kennt


Dass Netzer auch als Musikethnologe erfolgreich ist, bewiesen seine Kompositionen einmal mehr am Samstagabend im ausverkauften, heimischen Pfarrstadel zu Gast beim Verein "Unser Dorf". Und er brachte einen Mitspieler mit, der seine Leidenschaft für die Weltmusik teilt. Wolfgang Wallner studierte klassische Gitarre in Spanien, suchte fortan die Exotik anderer Kulturen, ist aber auch in der experimentellen Sparte heimisch. Letztere bedarf einer großen Einfühlsamkeit und der Fähigkeit, sich spontan auf Neues einlassen zu können, was letztendlich hier im Duo unabdingbar war und für die so selbstverständlich wirkende Homogenität sorgte.


Wer sich in dem hohen Maße intensiv mit einer Instrumentengattung (hier Zupfinstrumente) befasst, eignet sich mit der Zeit eine Gewandtheit an, die es erlaubt, jedes neue Instrument schnell beherrschen zu können und seine musikalische "Bestimmung" zu verstehen. Derart in die Materie eingetaucht sucht Netzer stets die Schnittmengen, die erlauben, Elemente verschiedener Kulturen und die des Jazz und der Klassik, selten auch des Rock und Blues, zu einer stimmigen Einheit zu verschmelzen. Es ist eine Weltmusik, die keine Grenzen kennt und zusammenführt, was auf den ersten Blick vielleicht unvereinbar schien. Das funktioniert nur deshalb, weil Netzer nicht auf stilistische Reinheit pocht und vielmehr die spieltechnischen Möglichkeiten fokussiert.


Für den Spannungsbogen hat Netzer ein untrügliches Gespür


So kann etwa das brasilianische "A corda baixa" auch auf der Irish Bouzouki erklingen und nicht etwa auf der siebensaitigen brasilianischen Gitarre mit einem erweiterten Bassspektrum. Ob als Fingerpicking oder mit Plektrum, Saiten auf dem Griffbrett ganz oder nur halb gedrückt, staccato oder legato, perkussiv angeschlagen und auf dem Korpus getrommelt: All das ist Netzers Zutatenschatz, in den er für die Dramaturgie der Stücke tief reingreift. Und für den Spannungsbogen hat der Saitenkünstler und Filmmusiker ein untrügliches Gespür, baut ihn minuziös auf, kreiert einen fulminanten Höhenflug in satter Klangfülle, um zum Reiz filigraner Feinheit zurückzukehren.


Erstaunlich war, wie Wallner mit der spontanen Gestaltungsfreiheit Netzers zurechtkam und seinen Part nicht nur als Begleiter, sondern oft auch als gleichwertige zweite Stimme im Duo mit viel


Fingerspitzengefühl austarierte. Sein warmer Gitarrenklang verlieh der Musik Wärme und Klangfülle, bereicherte so ihre Sinnlichkeit. Letzteres ist ein zentrales Thema in Netzers Kompositionen, entstanden sie doch in der Regel angeregt durch Bilder und Empfindungen, wie er verriet.


So etwa durch den Mond in Karthago ("Karthago-Mond"), von den Wasserringen der Wasserläufer auf der Oberfläche eines finnischen Sees ("Kadim") oder von der bunten Zirkuswelt eines schwarzen Zirkusdirektors ("Pablo Fanques Fair"). Aber selbst wenn die Anregung rein formaler Art ist, etwa ein Metrum ("Heptagon" oder "Oktogon") oder gar eine tiefe Saite ("Corda Baixa") - der imaginative Ansatz bleibt bestimmend.

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